Über unseren Unternehmensmarkt melden sich immer wieder auch Kaufinteressenten oder Investoren für Unternehmen. Doch nicht jeder Investor hält auch, was er verspricht. Ein beliebtes Betrugsszenario in Zusammenhang mit Unternehmenstransaktionen sind sogenannte Rip-Deals. Kürzlich hatte ich die Chance, mir solche Typen einmal aus nächster Nähe anzusehen. Davon möchte ich heute berichten.
Warnhinweis: Bitte nicht nachmachen!
Liebe Leser, bitte machen Sie das, was ich im Folgenden beschreibe nicht nach. Ich kenne mich im Markt für Unternehmensbeteiligungen aus, bin über Rip-Deals informiert und ich war bei dem Termin auch nicht alleine. Ich habe mich mit den fraglichen Personen an einem öffentlichen Ort getroffen und meine Begleitpersonen und ich haben das Gespräch irgendwann so gelenkt, dass für die Rip-Dealer erkennbar wurde, dass sie nicht zum Zuge kommen würden. Ich habe den Termin im Wesentlichen nur deshalb wahrgenommen, um hier im jhmc Magazin einmal aus erster Hand zu berichten.
Die Kontaktaufnahme
Die Kontaktaufnahme zu den Rip-Dealern erfolgte aufgrund einer Reaktion auf eines der Inserate in unserem Unternehmensmarkt. Es meldete sich eine Unternehmerin aus Leipzig. die mir mitteilte, dass sie über Investoren verfüge, denen sie eines der Projekte gerne vorstellen würde. Da ich ein netter Mensch bin gehe ich im Folgenden davon aus, dass diese Dame den Rip-Dealern nur aus Unwissenheit bzw. Naivität zuarbeitet. Sie besitzt zudem ein Unternehmen in Leipzig, das mit einer Webseite für sich wirbt und auf den ersten Blick auch einen vernünftigen Eindruck macht. Deshalb war ich auch zunächst gewillt, an einen seriösen Investorenkontakt zu glauben.
Interessant war in dem Zusammenhang, dass eines der Projekte nach Aussage der Unternehmerin geprüft und als nicht interessant für die Investorengruppe bezeichnet wurde. Ein weiteres Projekt fand man jedoch interessant. Dieses wollte man sich näher anschauen und unterbreitete dafür ein Angebot über ein Darlehen mit geradezu hochinteressanten Konditionen.
Hier wurde ich nun erstmals hellhörig. Denn Risikokapital heißt nun einmal Risikokapital, weil dem Geschäft mit Beteiligungen oder Darlehen in Start-up-Unternehmen ein höheres Risiko innewohnt als beim klassischen Bankkredit. Ein höheres Risiko lässt man sich jedoch i.d.R. durch entsprechend höhere Verzinsung bezahlen. Konditionen, die zu schön sind um wahr zu sein sind deshalb immer ein Indiz dafür, dass irgendetwas faul ist. Denn hier wird regelmäßig an die Gier der Zielperson adressiert.
Der Investor will sich mit mir treffen
Ich stellte das Angebot meinen Mandanten vor und wies schon einmal darauf hin, dass ich die Unternehmerin aus Leipzig nicht persönlich kennen würde und deshalb nicht viel über die Qualität des Kontaktes sagen könne. Der Mandant wollte sich das Angebot jedoch einmal anhören. Also nahm ich wieder Kontakt auf.
Die Unternehmerin aus Leipzig teilte mir daraufhin mit, dass der Investor sich in Amsterdam mit mir treffen wolle. Treffpunkt sollte die Lobby des Inntel Hotels Amsterdam Centre sein. Der Blick in Google Streetvew zeigt, dass es das Hotel tatsächlich gibt und dass es an einer belebten Straße liegt. In einschlägigen Bewertungsportalen wird es zudem als gutes bis sehr gutes Hotel bezeichnet. Gegen den Treffpunkt war deshalb nichts einzuwenden.
Ich besprach ein weiteres Mal mit meinen Mandanten, dass ich den Investor und auch die Unternehmerin aus Leipzig nicht kennen würde und deshalb nicht wissen könne, ob sich dahinter ein seriöser Kontakt verbergen würde. Ich besprach jedoch das Thema Rip-Deals explizit mit meinen Mandanten, da diese dennoch nach Amsterdam fahren wollten. Wir besprachen deshalb vorab, wie wir uns in dem sehr wahrscheinlichen Fall verhalten würden, dass es sich um Rip-Dealer handeln sollte.
Da die Mandanten mit dem eigenen PKW anreisten, entstanden mir keine Fahrtkosten und wir vereinbarten ein Honorar für den Fall, dass wider Erwarten ein seriöses Angebot abgegeben werden sollte. Ich persönlich rechnete mir eher die Chance aus, hier im jhmc Magazin aus eigener Erfahrung über Rip-Dealer berichten zu können.
Das Treffen mit den Rip-Dealern
Wir kamen pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt in Amsterdam an und warteten bereits in der überraschend kleinen und dunklen Hotellobby auf die „Investoren“. Diese riefen mich kurz vor dem vereinbarten Zeitpunkt an um mir mitzuteilen, dass sie sich 10 – 15 Minuten verspäten würden. Nach Verstreichen dieses nunmehr angekündigten akademischen Viertels erschienen zwei sehr junge Herren, die erkennbar aus dem arabischen Raum stammten.
Beide Herren waren gut gekleidet, hatten jedoch keine Visitenkarten dabei. Offenbar ist man nicht darauf aus, seine Kontaktdaten preiszugeben. Lediglich die Handy-Nummer des einen war mir aufgrund seiner vorherigen Anrufe bekannt. Aber die kann man ja mittels einer Prepaid-Karte häufig ändern. Auch die teuren Uhren müssen nicht wirklich etwas bedeuten, denn in Chinatown in New York bekommt man ja auch ohne weiteres eine echte chinesische Breitling zu überraschend günstigen Preisen. 😉
Interessanter war das „Geschäft“, das uns die Rip-Dealer vorschlugen: Gesucht wurde eine Finanzierung in Höhe von 500.000 €. Die Rip-Dealer wollten uns aber 650.000 € geben. Voraussetzung war, dass 150.000 € in bar übergeben werden sollten. Die Begründung lautete wie folgt: Unsere werten Herren, die behaupteten, aus dem Libanon zu stammen gaben an, im Diamantenhandel tätig zu sein. Dabei falle viel Bargeld an, das manchmal nicht einfach bei einer Bank eingezahlt werden könne.
Wow! Das muss man sich einmal vorstellen: Die Rip-Dealer haben uns damit ein Angebot zur Geldwäsche unterbreitet. Wir sagten zunächst, dass wir kein Problem damit hätten. Denn nun wollten wir wirklich wissen, was als nächstes kommen sollte. Und in der Tat, die Rip-Dealer konnten noch einen drauflegen: Für das Darlehen würde eine Versicherung benötigt, die 50% der Darlehenssumme kosten sollte. Diese Versicherung würden die Rip-Dealer bezahlen. Allerdings sollte man dafür 50.000 € in großen Scheinen der Rip-Dealer in 50.000 € in kleinen Scheinen (unser Geld) umtauschen. Lustigerweise sollte die „Versicherung“ bei dem Vater der beiden Herren abgeschlossen werden.
Offenbar versuchte man also den klassischen Geldwechsel-Betrug. Denn wer sich auf solch einen Quatsch einlässt, erhält i.d.R. 50.000 € Falschgeld in großen Scheinen gegen 50.000 € echtes Geld in kleinen Scheinen. Sein Geld ist man dann los und wenn man den Betrug früh genug bemerkt und sein Geld wiederhaben möchte, scheuen die Rip-Dealer nicht vor brutaler Gewaltanwendung bis hin zum Mord zurück. Deshalb war es nun an der Zeit, das Gespräch zu beenden. Wir deuteten an, dass wir das Geld gerne umtauschen würden: Dazu würden wir zu einer namhaften Bank gehen, wo man uns sicherlich das Geld tauschen würde. Darauf hatten die Rip-Dealer aber seltsamerweise gar keine Lust. Banken scheinen sie nicht zu mögen. 😉
Also verabschiedeten sich die Rip-Dealer mit dem Hinweis, uns ihre Kontaktdaten per E-Mail zu übermitteln. Das ist natürlich nicht passiert. Und meine Mandanten und ich hatten die Bestätigung, dass genau das dahinter steckte, was ich direkt vermutet hatte.
Noch ein Rip-Dealer
Doch offenbar war an diesem Tag offizieller Rip-Dealer-Tag. Denn noch auf der Fahrt nach Amsterdam meldete sich ein weiterer „Investor“. Auch dieser hatte per E-Mail auf Inserate unseres Unternehmensmarktes reagiert. Da die Verbindung per Handy sehr schlecht war, vereinbarte ich einen Telefontermin für 20:00 Uhr.
Kurz nach 20:00 Uhr klingelte tatsächlich das Telefon. Das ist interessant, denn der angebliche Investor lebt angeblich in Indien. Er rief mich demnach kurz vor Mitternacht an, denn in Indien ist man während der Mitteleuropäischen Sommerzeit immerhin dreieinhalb Stunden weiter als bei uns. Dafür wohnt er aber auch in „New Dehli“ auf einer Straße, die Google Maps nicht kennt.
Interessant ist auch die Schreibweise von „New Dehli“. Denn das ist so, als würde ich behaupten, in „Kreefld“ zu wohnen. Hallo, lieber Rip-Dealer: Dein Wohnort heißt „New Delhi“! Komisch, dass er das nicht weiß. Nun ja, das ist halt ebenso komisch wie die Tatsache, dass der „Investor“ aus „New Dehli“ eine Telefonnummer mit der Vorwahl +44 besitzt. Denn das ist nicht etwa die Ländervorwahl von Indien. Nein, dies ist die Ländervorwahl von Großbritannien.
Zum Ausgleich für diese Ungereimtheiten wollte er jedoch gleich in zwei der in unserem Unternehmensmarkt eingestellten Projekte investieren. Dazu müssen wir aber nach Rom kommen. Denn dort ist gerade ein Geschäftspartner unseres deutsch sprechenden Inders aus Großbritannien (oder so ähnlich) dabei, Gelder aus dem Vatikan abzuziehen, was wiederum damit zusammenhängt, dass wir bekanntlich seit einiger Zeit einen neuen Papst haben.
Wow! Tolle Geschichten um große Finanztransaktionen und Verstrickungen in die Weltpolitik kommen immer gut an, wenn der Gesprächspartner nicht persönlich bekannt ist, dafür jedoch offenbar falsche Kontaktdaten angibt. Das ist mindestens so seriös wie das Angebot, das er mir im Verlauf unseres Telefonats unterbreitete. Denn ich sollte eine fürstliche Provision in dem Fall erhalten, dass es zu einem Investment kommt. Stolze 5% bot er mir an, obwohl ich von vorneherein betonte, von meinen Mandanten bezahlt zu werden. Doch er wollte mir trotzdem 5% der Investitionssumme geben und das auch noch in bar und steuerfrei!
Ja, das klingt doch echt seriös, oder? Fassen wir also zusammen: Das Investment gibt es nur unter Zeitdruck, da unter fadenscheinigen Begründungen angeblich Gelder aus dem Vatikan abgezogen werden sollen. Dazu muss man sich nach Rom begeben, da der angebliche Investor dort gerade einen Gewährsmann mit der Verschiebung der Vatikan-Gelder beauftragt hat. Nach Deutschland wollte er nicht kommen, wie er mir im Verlauf des Telefonats sagte. Dafür bietet mir der freundliche Investor mit den offenbar falschen Kontaktdaten an, das Finanzamt zu umgehen. Ja, das ist garantiert ein richtig seriöses Angebot. 😉
Liebe Rip-Dealer,
Ihr seid schon ulkige Leute. Wisst Ihr denn nicht, dass ich über Euch blogge? Wisst Ihr denn nicht, dass ich mich nur zu dem einen Zweck mit Euch befasse? Nämlich dem Zweck, hier im jhmc Magazin über Euch zu berichten und Aufklärung über derartige Szenarien zu betreiben. Wisst Ihr denn nicht, dass ich eine Unternehmensberatung betreibe und deshalb seriöse Angebote von Eurem Bockmist zu unterscheiden weiß?
Liebe Leser, liebe Beteiligungskapital Suchende,
denken Sie daran, dass die Gier niemals über den Verstand siegen sollte. Oder wie ich bereits einmal geschrieben habe: Seriöses Beteiligungskapital gibt es niemals an dunklen Ecken. Ohne belastbare Kontaktdaten und mit merkwürdigen Angeboten zum Tausch irgendwelcher Gelder ist nur eines garantiert: Nämlich, dass es sich bei dem entsprechenden „Angebot“ lediglich um ein Betrugsszenario handelt.
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