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Anekdoten

Von Uerdingern und gelernten Bankkaufmännern

Manchmal muss man sich wirklich wundern, wer so alles Kontakt mit einem aufnimmt. So haben wir ja kürzlich erst einen Beitrag über die merkwürdigen Vorstellungen mancher Gründer zur Suche nach Beteiligungskapital geschrieben. Doch auch in anderen Bereichen des Alltags als selbständiger Unternehmensberater erlebt man immer wieder Merkwürdigkeiten, die eher an Comedy als unternehmerischen Alltag erinnern.

So meldete sich kürzlich ein Interessent auf eine unserer Anzeigen in den einschlägigen Unternehmensbörsen. Eigentlich müssen wir sagen: Wir vermuteten, dass es sich um einen Interessenten handeln könnte, denn statt des üblichen Textes, den man von einem Interessenten ja erwartet, bestand seine Nachricht lediglich aus seiner Telefonnummer und der E-Mail-Adresse. Immerhin ließ sich aus der E-Mail-Adresse sogar der Name des Interessenten ableiten. Also schrieben wir ihm eine E-Mail:

„Sehr geehrter Herr (Namen nennen wir ja nicht),

Sie haben auf die Anzeige bezüglich der Autosattlerei (vgl. auch hier: http://marktplatz.jhmc.de/) geantwortet. Gerne werde ich Sie am Montag dazu kontaktieren.

Ich betreue den Verkauf des Unternehmens im Mandantenauftrag und ich bitte Sie, zur Vorbereitung des Austauschs vertraulicher Daten die anliegende Verschwiegenheitserklärung unterzeichnet an mich zurückzusenden. Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen

Jörg Haupt“

Wir erhielten folgende Antwort, die wir inklusive der Tippfehler hier wiedergeben:

„Sehr geehrter Herr Haupt,

vielen Dank für Ihre e-mail und Erstinformationen.

Als Uerdinger und gelernter Bankkaufmann bedarf es zunächst meiner Erklärung und Einhaltungsgewähr der Verschwiegenheit.

Dies sollte Ihnen vorab genügen, zumal mein Interesse durchaus nicht korespondieren könnte mit meiner Bonität in geschätzter Darlehenshöhe von mehr als 150.000 explizit des Anlagevermögens.

Umso reger wäre die Möglichkeit ein Beteiligungsmodel der Arbaitnehmer zu erstellen und den kaufmännischen und distributierenden Tätigkeitsbereich abzudecken, mit Geschäftsfelderweiterungen im Möbel- und Designsegment.

Nach Abbruch einer selbsständigen Praxisführung (Zahnarzt) und Liquiditätsmangel, wäre der Einstieg in diese Metier durchaus Wert, den Einstieg erneut zu wagen.

Lassen Sie uns am Telefon vorab die Chancen der Weiterführung debatieren oder aber seien Sie Offenherzig und Ehrlich raten zum Abstand an.

Ich erwarte Ihren Anruf unter (Telefonnummer) mit Freude.“

OK, liebe Leser, haben Sie verstanden, was der freundliche Herr sagen wollte? Nun ja, offenbar wollte er keine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben. Dennoch riefen wir ihn heute an. Wir erklärten, dass das Unterzeichnen einer Verschwiegenheitserklärung der übliche Einstieg in die Prüfung eines zum Verkauf stehenden Unternehmens wäre. Daraufhin sagte der freundliche Interessent, dass für ihn das gesprochene Wort bindend sei. Wenn wir dies nicht akzeptierten, so wüsste er ja, welch Geistes Kind wir wären. Dann bräuchten wir uns auch nicht weiter zu unterhalten.

Nun, das klingt doch alles sehr vertrauenerweckend, oder? Wir bestätigten, dass ein weiteres Gespräch sicherlich keinen Sinn machen würde. Denn wer es an Höflichkeit und notwendigen Formalien fehlen lässt, ist sicherlich nicht ernsthaft am Kauf eines Unternehmens interessiert.

Hinzu kommt, dass die Personalie des „Interessenten“, soweit aus seiner E-Mail ersichtlich, ja bereits diverse Fragen aufwirft: Erst ist er Bankkaufmann, dann Zahnarzt, der seine Praxis wegen Liquiditätsmangel schließen musste und nun will er ein Unternehmen kaufen? Welche Qualifikationen im Handwerk Autosattlerei bringt er wohl mit? Und was meint er mit „geschätzter Darlehenshöhe von mehr als 150.000 explizit des Anlagevermögens“? Fragen über Fragen und statt einer Antwort gab es unhöfliche Pöbelei.

Die Intention solcher „Interessenten“ ist uns indes schleierhaft. Denn das kann doch niemals eine ernst gemeinte Anfrage gewesen sein. Und ein paar Formalitäten gehören nun einmal dazu. Oder glaubt hier irgendjemand ernsthaft, dass wir ohne formale Absicherung vertrauliche Daten wie z.B. Bilanzen des Unternehmens aushändigen würden?

Interessant, was man im Laufe eines Berufslebens so alles erlebt. 😉

Bildnachweis: Lizenzfreies Bild aus der Datenbank Free PhotosBank

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