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Program Trading (5) – und kein Ende

Gestern erhielten wir einen Anruf von einem Herrn, der sich auf unsere Artikel zum Program Trading bezog. Zunächst einmal verhielt er sich relativ zurückhaltend. Nach dem Motto: „Ich habe Ihren Artikel gelesen“ fragte er nach unseren Erfahrungen.

Wir berichteten ihm also in Kurzform was wir erlebt hatten sowie das Ergebnis unserer Recherchen. Er tat sehr interessiert um dann herauszuplatzen: „Ich kann Ihnen versichern, das gibt es wirklich!“

Wir: „Was? Das Program Trading?“ – Darauf er: „Ja!“

Nun ja, vielleicht hat er ja sogar recht. Sicherlich gibt es das, denn nicht umsonst warnen einige Stellen vor den High Yield Investment Programs. Der einzige Unterschied zu dem, was diese Betrüger uns glauben machen wollen: Lässt man sich darauf ein, ist man irgendwann sein Geld los. Diese Betrugsmasche gibt es und sie ist tatsächlich als Program Trading bekannt.

Nicht existent ist dagegen das Prozedere, das wir in dem uns seinerzeit vorgelegten Dokument beschrieben haben. Aber unsere Neugierde war wieder einmal geweckt. Sollten wir tatsächlich zwischen zwei Terminen noch schnell etwas Neues zu diesen dubiosen Angeboten erfahren? Also ließen wir der Phantasie des freundlichen Anrufers freien Lauf.

Er erklärte uns zunächst, dass es das Program Trading wirklich gäbe, auch in einer ähnlichen Form wie von uns bereits beschrieben. Auch die in unseren Berichten erwähnte adlige Dame sollte es tatsächlich geben. Laut Auskunft des freundlichen Anrufers residiert sie weiterhin in ihrem Schloss in der Nähe von Frankfurt.

Ah! Böser Patzer! In unseren Berichten hatten wir nirgends auf den Standort des Schlosses der angeblich adligen angeblichen Expertin verwiesen. Dumm gelaufen für unseren Anrufer: Das Schloss, in dem damals der Termin stattfand, war nicht in der Nähe von Frankfurt, sondern in der Nähe von Koblenz. Aber wer wird das denn schon so genau nehmen? Unser freundlicher Anrufer jedenfalls nicht, denn er meinte, das sei ja auch in der Nähe – Frankfurt – Koblenz – das sei ja alles dicht beieinander.

Nun ja, laut Google Maps sind das immerhin 128 Kilometer. Kleinigkeit, oder? Überhaupt tat der gute Mann sehr informiert: Er könne sich vorstellen, welcher Professor das Schreiben verfasst hätte, das man uns damals vorlegte. Hallo? Wir haben das Schreiben längst als Fälschung enttarnt. Denn freundlicherweise hat man es uns gespickt mit Rechtschreibfehlern aus Panama noch einmal unverlangt übermittelt.

Aber wie gesagt: Angeblich soll es das Program Trading ja dennoch geben, nur ein klein wenig anders als wir es bislang kennengelernt haben. Außerdem sagte uns der freundliche Anrufer, es wäre nicht so öffentlich wie hier dargestellt (also so, dass offenbar tausende Schwadronierer naiven Mitbürgern ihr Geld abschwatzen). Vielmehr wäre es ein Prozedere, das ganz exklusiv einigen wenigen ausgesuchten reichen Personen offen stehen würde. Davon wüssten selbst bei den beteiligten Banken nur ganz wenige, so zum Beispiel bei der Deutschen Bank nur der Herr Ackermann und seine engsten Vertrauten. Erst neulich hatte unser freundlicher Anrufer mit dem Herrn Ackermann ein solches Geschäft über die Bühne gebracht.

Ah! Endlich! Darauf hatten wir gewartet! Endlich ist wieder ein großer Name gefallen, der auf vulgärpsychologische Art Aufmerksamkeit erregen soll! Und natürlich ist es Herr Ackermann, denn den kennt in Deutschland schließlich mittlerweile jeder. Oder kennen Sie, liebe Leser, den Namen des CEO der Société Générale? Nein? Na also! Es konnte also nur Herr Ackermann sein. Schließlich muss der zu Betrügende mit der Story des Betrügers ja auch etwas anfangen können.

OK, also nur für ganz ausgewählte Personenkreise sollen die High Yield Investment Programs also zugänglich sein. „Ja Herr Gates, bis morgen können sie noch 200 Millionen $ einlegen. Aber da müssen Sie sich bitte beeilen, denn Warren Buffet, Steve Jobs, die Quandts, die Haniels und die Oettkers haben auch schon je 200 Millionen $ eingelegt. Und wenn morgen tatsächlich noch die Queen von England wie angekündigt 200 Millionen $ dazulegt, ist diese Runde ausgebucht!“ Schon klar!

Warum nur hat unser freundlicher Anrufer dann plötzlich gesagt, dass er mit uns gerne einmal zusammentreffen würde, um uns davon zu überzeugen, dass es das Program Trading wirklich gibt? Und wenn wir ein paar wohlhabende Leute kennen würden, die vielleicht gerne etwas investieren würden …

Hallo? Ist der gute Mann völlig mit der Muffe gepufft? Haben wir nicht bereits lang und breit geschrieben, dass das Program Trading völliger Blödsinn ist? Dazu haben wir richtige Recherchen angestellt – mal abgesehen davon, dass uns der gesunde Menschenverstand das auch schon sagt. Aber offensichtlich funktioniert die Masche immer wieder. Und zwar genau dann, wenn im Wettstreit zwischen Vernunft und Gier letztere obsiegt.

Man muss sich das wirklich vorstellen: Da berichtet unser freundlicher Anrufer, das Program Trading sei wirklich geheim und eine Wahrnehmung durch die breite Öffentlichkeit seitens der Initiatoren der High Yield Investment Programs nicht erwünscht. Und dann betreibt diese Granate Telefon-Akquise! Wow! Darauf muss man erstmal kommen!

Unser Vorschlag: Vielleicht versucht es unser freundlicher Anrufer einmal bei diversen Banken. Die Rheinische Post berichtet in ihrer heutigen Ausgabe, der Internationale Währungsfonds erwarte weltweit als Folge der US-Hypothekenkrise Ausfälle in einer Höhe von ca. einer Billion Dollar. Da könnte man doch glatt einmal…

Doch halt! Offensichtlich haben die Banken das Geld doch wegen falsch eingeschätzter Risiken verloren. Wieso haben sie denn statt dessen nicht besser in High Yield Investment Programs investiert, wo diese doch risikolos sein sollen?

Wie jetzt? Sie meinen, es wäre das kleine „Einmaleins“ der Finanzwirtschaft, dass hohe Renditeerwartungen auch mit hohen Riskien einhergehen? Schade, denn diesen Widerspruch konnte noch keiner der tollen Program Trader erklären, die wir bislang kennenlernen durften.

Aber die Lösung des Rätsels dürfte wohl ähnlich geheim sein wie das Program Trading selber. Wir bedanken uns jedenfalls bei dem freundlichen Anrufer für die unfreiwillige Situationskomik. Nett, wenn man uns den Arbeitsalltag so aufheitert.

Bildnachweis: Lizenzfreies Bild aus der Datenbank Free PhotosBank

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