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FallstudienStrategie

Marktstimulierungsstrategien – Nischenstrategie am Beispiel des Heart Attack Grill

Im Rahmen Marketingstrategischer Entscheidungsmodule ist unter anderem auf sogenannte Marktstimulierungsstrategien abzuheben. Damit das Thema nicht zu trocken und wissenschaftlich wird, erlauben wir uns, in dieser Fallstudie kein eigenes Projekt, sondern eine amerikanische Gastronomie-Ikone zu zitieren: Den Heart Attack Grill.

Doch bitte alles der Reihe nach. Quälen wir uns also zunächst einmal durch ein wenig theoretischen Unterbau: Wettbewerbsvorteile können nach Porter entweder durch Preis- oder Qualitätspolitik erlangt werden. Die Literatur unterscheidet entsprechend zwischen einer Kostenführerstrategie und einer Differenzierungsstrategie. Je nach Grad der Marktabdeckung können demnach drei Grundsatzstrategien unterschieden werden:

  • Kostenführerstrategie bei totaler Marktabdeckung
  • Differenzierungsstrategie bei totaler Marktabdeckung
  • Nischenstrategie (Kostenführer- oder Differenzierungsstrategie bei partialer Marktabdeckung)

Im wissenschaftlichen Idealfall besteht ein Zusammenhang zwischen der gewählten Marktstimulierungsstrategie, dem relativen Marktanteil und dem ROI. Demnach geht eine Strategie des „stuck in the middle“ – also eine Strategie zwischen den Stühlen – mit Wettbewerbsnachteilen und Ertragseinbußen einher. Die folgende Abbildung soll diesen Zusammenhang schematisch verdeutlichen.

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Das Beispiel des Heart Attack Grill zeigt nun, wie man sich durch Originalität und Einfallsreichtum erfolgreich in einer Marktnische positionieren kann. Doch was macht den Heart Attack Grill nun so besonders?

Nun, in der Ausgangslage handelt es sich zunächst um ein Fastfood-Angebot, das man tausendfach am Markt findet. Viele dieser Unternehmen haben seit Jahren mit einem zunehmenden Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein zu kämpfen. Dies führte zu allerlei Repositionierungskampagnen. So führte z.B. der große amerikanische Franchisegeber mit dem goldenen M in Amerika eine neue Burger-Linie ein, es gibt mehr Salat-Angebote, das Design der Restaurants wurde aufgewertet und es entstand ein Café-Angebot.

Und dann das! Der Heart Attack Grill („Herzinfarkt Grill“) serviert einen wahren Fressturm namens Quadruple Bypass Burger („Vierfacher Bypass Burger“) und kokettiert auch in seinem weiteren Marktauftritt mit seinem nicht wirklich gesundheitsbewusstem Image.

So gibt es auf der Speisekarte auch in reinem Schweinefett gebratene Pommes Frites („Flatliner Fries“) oder die Zigarette danach. Um die Sache perfekt zu machen, steht der Eigentümer im Arzt-Outfit inklusive Stethoskop hinterm Tresen. Die Bedienung übernehmen derweil hübsche „Krankenschwestern“, die den Gast nach der „Behandlung“ mittels Rollstuhlservice zum Wagen bringen.

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Ja, da kann man(n) schon wirklich Lust auf einen Burger bekommen, oder? Und wie sieht er nun aus, der Riesenburger, den es übrigens auch in kleineren Versionen als einfachen, zweifachen und dreifachen Bypass-Burger gibt? Nun, Sie haben richtig vermutet: Im folgenden Bild präsentieren uns zwei niedliche „Krankenschwestern“ zwei Original-Fresstürme dieser Ikone der amerikanischen Esskultur.

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Keine Angst, Bilder machen zum Glück nicht dick. Aber beim original Quadruple Bypass Burger erwarten Sie alleine vier Lagen Rindfleisch von jeweils einem halben Pfund sowie Salat, Tomaten, Käse, Zwiebeln und Speck.

Das Ganze hat bescheidene 8.000 Kalorien, was dem dreifachen Tagesbedarf eines Erwachsenen entspricht. Kein Wunder, dass der Heart Attack Grill auch einen Rollstuhlservice bietet, oder? Denn wenn man vollgestopft ist wie eine Weihnachtsgans kann man sich schließlich kaum mehr aus eigener Kraft zur Zigarette danach quälen, die ganz selbstverständlich und konsequent auf der Speisekarte steht. Und spätestens, wenn man sein Festmahl mit den in Schweinefett frittierten Pommes Frites komplettiert hat, kann man wohl auch ohne Rollstuhl aus dem Laden gerollt werden.

Aus Marketing-Sicht begeistert natürlich die konsequent ungesunde Gestaltung des gesamten Angebots sowie das Corporate Design rund um Herzinfarkt, Ärzte und niedliche „Krankenschwestern“ in knappen Outfits. Ja, das nennen wir mal eine eindeutige Positionierung. Denn dieses ungesunde Image zieht sich konsequent durch den gesamten Marktauftritt.

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Natürlich wird ein solch ungewöhnlicher Marktauftritt in Zeiten zunehmenden Gesundheitsbewussteins von der Presse dankbar aufgenommen. Entsprechend schaffte der Heart Atack Grill den Sprung nicht nur in amerikanische Medien, sondern war Zeitungen und TV-Sendern weltweit Beiträge wert. Viele Filmbeiträge kursieren bei YouTube und werden stolz auf der Webseite des Heart Attack Grill präsentiert. So demonstriert man nebenbei, dass man auch vom Thema virales Marketing ein wenig versteht.

Auch einen eigenen Song hat man komponiert. Dieser wird – natürlich – von einer Frau gesungen und hebt – ebenfalls natürlich – auf den ungesunden aber schmackhaften Aspekt des Angebots unseres Burgerladens ab. Desweiteren wird man explizit aufgefordert, Bilder des Heart Attack Grill auf der eigenen Webseite einzubinden (vgl. oben).

Unser Lieblings-Marketinginstrument des Heart Attack Grill gibt es übrigens leider nicht mehr. Es trug den Namen „Kill a Friend“, also „töte einen Freund“. Es handelte sich um ein Bonus-System, bei dem man Punkte für Empfehlungen bekam, die man in Bypass Burger tauschen konnte. Eines hat sich jedoch nicht geändert: Wenn man so richtig satt ist, dann lässt man sich von den niedlichen „Krankenschwestern“ im Rollstuhl zum Auto schieben.

Natürlich kennen wir die betriebswirtschaftlichen Ergebnisse des Heart Attack Grill nicht. Aber man darf davon ausgehen, dass ein Angebot, das ein derartiges Medienecho erzeugt, nicht ganz schlecht läuft. Mit seinem Angebot bedient der Heart Attack Grill die Marktnische derjenigen Konsumenten, die der allgemeinen Gesundheitswelle einmal entfliehen möchten. Vor allem Kommunikations- und Produktpolitik übersetzen diese Positionierung konsequent ins operative Marketing. Nicht zuletzt zeigt dieses Beispiel, dass man sich so selbst in einem schrumpfenden Markt erfolgreich positionieren kann.

>> Die Bilder mit den „Krankenschwestern“ stammen von der Webseite des Heart Attack Grill

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