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Anekdoten

Wir arbeiten nicht nach der „Technologie von L. Ron Hubbard“

Im letzten Jahr haben wir ein mittelständisches Unternehmen bezüglich seiner Ablauforganisation und in Fragen des Marketing beraten. Im Zuge dieser Beratung beantragten wir gemeinsam mit dem Unternehmen eine Beratungsförderung und erhielten diverse Unterlagen, die es nun auszufüllen galt.

Unter anderem erhielten wir einen „Fragebogen Unternehmensberatung“, der zunächst einmal ganz normale Fragen enthielt: Außer zu unseren Kontaktdaten, Erfahrungen und Referenzen wurden wir zu den Inhalten des Projektes befragt. So sollten wir u.a. ankreuzen, ob die Probleme des Unternehmens unserer Meinung nach in den Bereichen Technik, Personal, Produkte, Organisation, Finanzen oder „sonstiges“ liegen würden. Auch sollten wir angeben, wie wir in diesem Falle vorgehen wollten.

Das alles ist ja an sich nicht ungewöhnlich und auch völlig in Ordnung. Auch gegen die im Fragebogen abgegebene Versicherung, dass wir an dem zu beratenden Unternehmen nicht beteiligt seien und auch in keinem Verwandschafts- oder Angestelltenverhältnis des Unternehmens bzw. Unternehmers stehen würden, ist überhaupt nichts einzuwenden.

Doch dann steht am Ende des Fragebogens folgender Satz: „Ich/Wir versicher(n)e, dass ich/wir weder nach der „Technologie von L. Ron Hubbard“ arbeite(n) noch entsprechend geschult werde(n) oder wurde(n).“

Wir müssen zugeben, dass wir der Sicherheit halber einmal Wikipedia befragten: L. Ron Hubbard – war das nicht der Scientology-Gründer? Tatsache, der war wirklich gemeint.

Nun ja, zunächst einmal konnten wir beruhigt unterschreiben, dass wir nicht für eine kriminelle Sekte arbeiten. Andererseits verwundert es schon, dass eine regionale Wirtschaftsförderung sich dies explizit bestätigen lässt. Denn schließlich mussten wir ja mit gleichem Fragebogen auch nicht bestätigen, dass wir keine Schutzgelderpresser der Camorra sind. Auch verlangte niemand, dass wir z.B. nachweisen, dass wir niemanden für Terror-Trainingscamps in Pakistan oder Afghanistan anwerben. Um so mehr verwunderte uns der Hinweis auf diese zweifelhafte Sekte.

Für uns war das immerhin einmal ein Grund, genauer nachzulesen, was denn diese lustige Sekte so alles macht. Passenderweise erschien in diesem Jahr ein Artikel im Stern, in dem ein Redakteur undercover als Scientology-Aspirant den ganzen Laden ein wenig näher unter die Lupe nahm.

Überraschenderweise berichtet der gute Mann von reichlich primitiven Methoden, gutgläubigen Menschen ihr gutes Geld aus der Tasche zu ziehen. Wir hätten nämlich subtilere Vorgehensweisen erwartet. Der freundliche Stern-Redakteur berichtet jedoch überwiegend von Handy-Terror.

L. Ron Hubbard war ein zweitklassiger Betrüger und drittklassiger Science-Fiction-Autor, der mangels schriftstellerischen Erfolges irgendwann auf die glorreiche Idee kam, eine Sekte zu gründen. Seiner Leere, Verzeihung, Lehre nach wurde die Menschheit vor 75 Millionen Jahren von einem galaktischen Herrscher namens Xenu auf die Erde gebracht, in Vulkane gesteckt und mit Wasserstoffbomben in die Luft gejagt. Glücklicherweise konnten sich die Seelen der Getöteten in die Körper einiger weniger Überlebender retten, in deren Nachfahren sie heute noch gefangen seien.

Ja, böse Falle, im wahrsten Sinne des Wortes. Doch glücklicherweise gibt es auch hier einen Ausweg: Die gefangenen geistigen Wesen – Thetane genannt – können erlöst werden! Natürlich nur gegen Absolvierung eines ebenso teuren wie sinnlosen von Scientology angebotenen Kurssystems. Tom Cruise ist übrigens bereits richtig toll erlöst und zum „operierenden Thetan“ aufgestiegen. Wir gratulieren.

Nun kann man sicherlich sagen, dass wer so einfältig ist, auf diesen Schwachsinn hereinzufallen, es auch nicht besser verdient hat. Immerhin sind die merkwürdigen Lehren und die Technologie des L. Ron Hubbard offensichtlich auch nicht besser als das von uns so geliebte und deshalb reichlich zitierte magische Dawah Alphabet.

Anderererseits scheint auch diese gigantische und perfide Abzocke psychisch weniger gefestigter Menschen ganz gut zu funktionieren. Denn immerhin gehen Schätzungen davon aus, dass diese Gaga-Sekte weltweit beachtliche rund 100.000 Mitglieder haben soll, die sich einem rigiden Straf- und Kontrollsystem unterziehen müssen. Dabei wird Scientology von Los Angeles aus streng hierarchisch geführt. Offensichtlich ist diese Sekte doch ein recht lukratives Geschäft.

Nun mögen Sie, liebe Leser, sicherlich sagen: „Egal, macht doch das Kreuzchen im Fragebogen und gut ist!“ Klar, das haben wir natürlich gemacht. Wir haben gerne bestätigt, dass wir nicht unseren Mandanten ein fragwürdiges Schulungssystem einer kriminellen Vereinigung mit mafiösen Strkturen aufschwatzen, die zudem noch als verfassungsfeindlich eingestuft wird. Die Förderung wurde schließlich auch bewilligt und das Projekt erfolgreich durchgeführt. Dennoch darf man an dieser Stelle doch mal genüsslich ablästern, oder?

Ach ja, sicherlich fragen auch Sie sich, liebe Leser, was die wirren Ideen von in Vulkane gesteckten und mit Wasserstoffbomben hochgejagten Thetanen mit Unternehmensberatung zu tun haben könnten. Nun ja, wir haben auf viele Fragen eine Antwort. In diesem Fall jedoch müssen wir die Antwort schuldig bleiben. Wir wissen es schlicht und ergreifend nicht.

Bildnachweis: Lizenzfreies Bild aus der Datenbank Free PhotosBank

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