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Program Trading (1) – Ein Erfahrungsbericht

Es gibt hochrentable Festgeldanlagen, sogenannte High Yield Investment Programs, deren Erträge diejenigen konventioneller Geldanlagen um Größenordnungen übersteigen. Dieser Handel, auch Program Trading genannt, findet im Geheimen statt. Initiator ist das Federal Reserve Board der amerikanischen Notenbank. Es existiert kein Risiko und man kann nur gewinnen. Der erzielte wöchentliche Ertrag liegt dabei zwischen 4 und 20%, manchmal werden sogar noch höhere Erträge versprochen.

Das klingt zu schön um wahr zu sein? Ist es auch, denn das ist glatter Blödsinn. Aber immer der Reihe nach.

Vor einiger Zeit lernten wir einige Personen kennen, die vorgaben, mehrere große Investments durchgeführt zu haben. Immerhin wurden durchaus plausible Unterlagen vorgelegt und sogar zunächst einmal ein seriöser Anschein erweckt. Gleichwohl blieb es über ein halbes Jahr hinweg bei einem losen Kontakt, gemeinsame Geschäfte wurden nicht abgewickelt.

Nach Ablauf dieses halben Jahres bemühten sich besagte Personen, den Kontakt zu intensivieren und es wurde angedeutet, dass eine Reihe interessanter Geschäfte bevorstünden und man in diesem Zusammenhang unsere Dienste in Anspruch nehmen wolle. Weiter deutete man an, sich direkt an einigen unserer Projekte beteiligen zu wollen. Zu gegebener Zeit wollte man einen Kapitalnachweis vorlegen und Projekt-Daten bei uns anfordern.

Schließlich bot man uns eine Finanzierung für unsere Groß-Projekte an. Merkwürdigerweise sollte eine Finanzierung in beliebiger Höhe (konkret ging es um einen Transaktionswert von etwas über 1 Mrd. €) kein Problem sein. Man müsste nur einige Formulare ausfüllen und schon wächst das Geld auf wundersame Weise und völlig ohne Risiko.

Nun, das mag wohl bei Grimms Märchen funktionieren, in der Praxis hat sich das Märchen von den Sternentalern jedoch leider noch nicht bewährt. Aber unsere Neugierde war geweckt und wir ließen uns zum Schein auf ein Treffen ein, um Näheres zu erfahren.

Der Termin fand dann auch in einem durchaus sogar ansprechenden Rahmen auf einem Schloss statt. Dort residiert das Unternehmen der Ansprechpartnerin, die man uns nannte. Diese führte – fast ist man geneigt zu sagen wie erwartet – einen Adelstitel. Im Verlauf des Gesprächs bezeichnete sich diese Dame mehrfach als Expertin für High Yield Investment Programs, konnte aber in eigenen Worten nicht wirklich schlüssig erklären, wie das Program Trading denn nun genau funktioniert. Wie um sich selbst aus der Verlegenheit zu helfen präsentierte Sie uns deshalb ein Schriftstück, das sie freundlicherweise ausdruckte und das Sie, liebe Leser nun hier unter dem Menüpunkt „Das uns vorgelegte Dokument“ in einer durch uns kommentierten Abschrift vorliegen haben.

Endgültig den Glauben an die Seriösität des Angebots (nicht, dass wir daran je geglaubt hätten) verloren wir, als man dem Hinweis, dass wir bezüglich des Target an ein öffentliches Bieterverfahren gebunden seien mit der Bemerkung begegnete, wir könnten ja einfach ein Gebot in völlig überzogener Höhe abgeben, um so die anderen Bieter aus dem Feld zu schlagen. Nun muss man bedenken, dass das Prozedere des Program Trading nach folgendem Muster ablaufen sollte:

Zunächst sollten wir bei einer Bank eine Kreditzusage in der benötigten Höhe erwirken. Dann würde dieser Kreditzusage eine Bankgarantie einer anderen Bank gegenüber gestellt. Diese sollte 108 % der in der Kreditzusage genannten Summe betragen. Dazu sollten wir einige Papiere ausfüllen und mit diesen Unterlagen (wie auch immer) am Program Trading teilnehmen. Wichtig zu wissen war außerdem, dass es kein Risiko geben sollte und dass das ganze Geschäft über das Federal Reserve Board (FED) abgesichert sei. Das Program Trading sei darüber hinaus nur wenig bekannt, da es nur von ausgesuchten Banken („Top 100 Banken“) und einer begrenzten Anzahl Tradern durchgeführt werden dürfte.

Es sollte doch nachvollziehbar sein, dass keine Bank der Welt einen solchen Kredit gewährt, wenn die Kennzahlen des Targets eine signifikante Überhöhung des Kaufpreises einfach nicht zulassen. Dies wurde uns auch von einem befreundeten Institut bestätigt, bei dem es sich übrigens um eine der 100 Top-Banken handelt, die angeblich für diesen Handel nur zugelassen sind. Interessant auch, dass man zwar vorgab, mit Millionen- und Milliardensummen zu hantieren, aber nicht wusste, was der Begriff „Target“ meint. Dies ist nämlich das zu übernehmende Unternehmen. Auch auf unseren Hinweis, man könne doch nicht einfach einen Mondpreis bieten, wurde völlig verständnislos reagiert. Offensichtlich war der Terminus „Mondpreis“ nicht bekannt. Sollte man nicht annehmen können, dass Finanz-Experten mit betriebswirtschaftlichem Vokabular vertraut sind?

Nun ja, wie auch immer, mit einigen Ausreden haben wir uns schließlich wieder elegant zurück gezogen. Surprise, surprise, nachdem klar war, dass wir am Program Trading nicht teilnehmen würden, zerschlugen sich auch die angedeuteten Geschäfte ganz schnell.

Sehr dick aufgetragen war während des Gesprächs ein Detail, das das gesamte Prozedere schon an die Grenze des Lächerlichen brachte. Wie oben bereits erwähnt, sollten wir für unsere Projekte Kreditzusagen beibringen. „Zufällig“ rief während unseres Meetings jemand an, der natürlich genau der richtige Ansprechpartner für Kredite aller Art sein sollte. Dies spricht dafür, dass wir es lediglich mit Mittelsmännern zu tun hatten. Überhaupt war das ganze Prozedere an vielen Stellen sehr unprofessionell aufgezogen, was überrascht wenn man sich vor Augen führt, dass es um sehr große Beträge ging.

Auf der Webseite der Metropolitan Police (leider existiert der Artikel nicht mehr) des Großraums London wird vor High Yield Investment Programs gewarnt. Beispiele für Szenarien sind hier die auch uns angebotenen angeblichen risikolosen und hochrentablen Festgeldanlagen, aber auch Wertpapiere oder Wertgegenstände aus Schiffen und Flugzeugen, die gerne während des zweiten Weltkriegs verschollen sind. Gipfel der Geschmacklosigkeit ist angeblich wieder gefundenes Nazi-Gold, in das man investieren könnte. Wie dem auch sei, am Ende ist immer das investierte Geld weg.

Teilweise handelt es sich auch um Pyramidenschemata bzw. sogenannte Ponzi-Systeme, bei denen Mitglieder Ausschüttungen erhalten, die durch die Einzahlungen neuer Mitglieder gedeckt werden. Der geneigte Leser möge sich selber vorstellen, was irgendwann mit seinen Einlagen geschieht. In einer „kleineren“ Form als hier beschrieben kann Ihnen diese Form der High Yield Investments auch im Internet begegnen.

Weil wir es aus verständlichen Gründen nicht selber ausprobiert haben, haben wir ein wenig recherchiert. Auf der Webseite Quatloos findet man unter der Überschrift „How the Scam Artists Get Your Money“ Hinweise, wie der geprellte Kunde sein Geld los wird: In unserem Falle wohl wichtigstes Instrument ist der Kreditvertrag. Er wird immerhin auf den Initiator des Projektes ausgestellt und dieser sollte sich mit seinem Ausweis legitimieren. Scheinbar gelingt es an dieser Stelle, dieses Geld in eine wirklich hochrentable Geldanlage zu verwandeln – für den Urheber des Program Trading.

Eine andere Möglichkeit ist eine direkte Einlage bei einer der „Top-100-Banken“. Dann wird eben darauf der Kredit gegeben und das Geld in Länder transferiert, deren Namen man noch nie gehört hat. Oder aber die Urheber des Program Trading haben ebenfalls Zugriff auf das Konto – mit dem gleichen Ergebnis.

Die nach unserer Meinung wahrscheinlichste Variante dürfte die Fälschung von Papieren sein. Dazu bedient man sich der auf den (wie beschrieben nicht zu gebrauchenden) Papieren geleisteten Unterschriften. Mit gefälschten Vollmachten oder Schecks und Überweisungsträgern wird dann einfach ein größerer Betrag von Ihrem Konto abgebucht.

Interessant ist auch die Wahl der Bezeichnungen für das Program Trading und der weiteren Fachbegriffe. Alle sind so gewählt, dass die Suchmaschinen im Internet keine fundierten Hinweise bieten. Zudem gibt es die Begriffe häufig noch in einer anderen (echten) Bedeutung. Beispiel Program Trading: So beschreibt der Programmhandel (englisch: program trading) computergestützte Marktanalyseprogramme, bei denen die Kauf- und Verkaufsentscheidungen von Computern auf der Basis vorher eingegebener mathematischer Modelle erfolgen.

Auch der Bundestag beschäftigte sich bereits mit dem Program Trading bzw. den High Yield Investment Programs. So findet man in der Bundesdrucksache 15/5905 unter den Nummern 38., 39. und 40. die folgenden Anfragen des Abgeordneten Ronald Pofalla der CDU/CSU-Fraktion mit den Antworten der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks:

38. Abgeordneter Ronald Pofalla (CDU/CSU)

Welche staatlichen Stellen haben Erkenntnisse über die High-Yield-Investment-Programs oder Private Placement genannten hochrentierlichen Anlagenprogramme, soweit es sich um legale Anlagengeschäfte handelt, und welchen Umfang haben diese Geschäfte in Deutschland (vgl. Antworten des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen, Karl Diller, vom 15. September 2004 auf meine schriftlichen Fragen 35 und 36 auf Bundestagsdrucksache 15/3702)?

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks vom 6. Juli 2005

Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als der zuständigen Aufsichtsbehörde sind keine Anbieter von High Yield Investment Programs oder Private Placement genannten hochrentierlichen Anlageprogrammen bekannt, die in Deutschland über eine Lizenz zum Erbringen von Bankgeschäften oder Finanzdienstleistungen verfügen.

39. Abgeordneter Ronald Pofalla (CDU/CSU)

In welcher Währung und mit welchem Mindestanlagenbetrag werden diese Geschäfte getätigt?

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks vom 6. Juli 2005

Nach Erkenntnissen der BaFin werden die Geschäfte mit diesen Anlageprogrammen überwiegend in US-Dollar getätigt. Der Mindestanlagebetrag beträgt meist zwischen 1 und 100 US-Dollar.

40. Abgeordneter Ronald Pofalla (CDU/CSU)

Gibt es Rechtsvorschriften, die öffentlichrechtliche Einrichtungen wie zum Beispiel Kommunen generell daran hindern, solche Geschäfte zum Zweck der Finanzierung kommunaler Projekte zu tätigen, und falls ja, welche wären dies?

Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks vom 6. Juli 2005

Kommunen und sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften sind nach den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften zu einer sorgfältigen und vorsichtigen Geldanlage verpflichtet. Als Beispiel sei § 108 Abs. 2 Satz 2 der Hessischen Gemeindeordnung genannt, wonach Gemeinden auf eine ausreichende Sicherheit bei Geldanlagen zu achten haben. Diese Voraussetzung dürfte bei einer Geldanlage in hochspekulativen und meist betrügerischen High Yield Investment Programs kaum erfüllt sein. Außerdem stehen öffentlich-rechtliche Einrichtungen bei Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben unter staatlicher Aufsicht.

So, und was lernen wir daraus? Scheinbar hat man selbst Bundestagsabgeordneten diese „hochseriöse“ Geldanlage angedient. Zudem kennzeichnet die Parlamentarische Staatssekretärin Dr. Barbara Hendricks die High Yield Investment Programs als in der Regel betrügerisch. Einmal mehr sollte uns dies eine Mahnung sein, die Finger davon zu lassen, oder?

Bildnachweis: Lizenzfreies Bild aus der Datenbank Free PhotosBank

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